Family Affairs, Part I: Unter Brüdern!


Es ist Sommer und das bedeutet für Liebhaber des Basketballs zwei Dinge: Eine entspannte Freiplatzsaison lädt einerseits regelmäßig zum Spielen ein und die NBA-Finals locken andererseits vor die digitalen Endgeräte.
Letztere sind nun Geschichte – in diesem Jahr unterlagen bekanntermaßen die Phoenix Suns den Milwaukee Bucks. Dass diese auf ihren Superstar und zweifachen MVP Giannis Antetokounmpo zurückgreifen konnten, war nach dessen Verletzung in Spiel 4 der Conference-Finals gegen die Atlanta Hawks nicht selbstverständlich. Sportlich wäre ein Ausfall des 26-jährigen Griechen ein enormer Verlust gewesen – für die Bucks selbst aber auch für alle Basketballfans rund um den Globus. Vor allem nach den ohnehin zahlreichen Ausfällen bisher.

Dass Giannis nun auflaufen konnte, sorgte aber auch für eine Randnotiz anderer Art. Zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Thanasis, der ebenfalls bei den Bucks spielt, bilden sie erst das zweite Bruderpaar, das es gemeinsam in die NBA-Finals schaffte. Eine absolute Rarität in einer Liga, die schon unzählige Brüderpaare erlebte. Die ersten und bisher einzigen, die mit den selben Jerseys auflaufend die Finals erreichten, waren die McGuire-Brüder: Richard Joseph und Alfred James, kurz Dick und Al. Die beiden mittlerweile verstorbenen Point Guards spielten für die New York Knicks 1952 und 1953 Finals-Basketball. Und beide Male unterlagen sie den Lakers, damals noch aus Minneapolis. Dafür sind sie die bisher einzigen beiden Brüder, die in der Hall of Fame Platz nehmen durften. 



Das wird den Antetokounmpos nicht gelingen. Bei allem Respekt für Thanasis und Kostas – in die Hall of Fame wird lediglich Giannis einziehen. Dafür bestechen die Griechen mit zahlenmäßiger Überlegenheit auf höchstem Level. Denn neben den beiden Bucks-Spielern erreichte auch der jüngste der drei bereits die NBA-Finals. Dabei hatte er seinen älteren Brüdern bis zum 20. Juli 2021 sogar etwas voraus: Denn mit den L.A. Lakers gewann er 2020 die Meisterschaft. Zumindest im formalen Sinne, da er keine einzige Playoff-Minute spielte. Durch den Sieg der Bucks zogen Giannis und Thanasis nun nach: Drei Brüder mit jeweils einem Ring einmalig!

Aber auch mit dem dreifachen Erreichen der Finals sind die Antetokounmpos nicht allein. Das gelang in den 80ern und 90ern der Bigmen-Familie Jones aus McGehee, Arkansas. Caldwell kam 1950 zur Welt und erreichte mit den Philadelphia 76ers ganze dreimal die NBA-Finals (1977, 1980, 1982). Ein Ring war ihm dabei nicht vergönnt. Im Jahr 1981 spielte sein drei Jahre jüngerer Bruder Major mit den Houston Rockets um den Titel. Doch auch der ging leer aus. Erst der jüngste der drei, Charles, konnte 1995 an der Seite von Hakeem Olajuwon und Clyde Drexler die Larry O'Brien Trophy gen Hallendecke heben. Bei all dem NBA-Fokus soll aber nicht Bruder Nummer vier unterschlagen werden. Denn Wil, der älteste, wurde ebenfalls Meister allerdings in der ABA (1975).

Die bis vor kurzem einzigen Brüder, die jeweils eine NBA-Meisterschaft gewinnen konnten, sind Pau und Marc Gasol. Der 1980 in Barcelona geborene Pau krönte sich gar zweimal – als L.A. Laker zusammen mit Kobe Bryant. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder war Teil der Raptors-Mannschaft, die 2019 erstmals einen Titel nach Kanada holte. Ob es die Gasol-Brüder den McGuire-Brüdern gleichtun und in die Hall of Fame einziehen, bleibt offen. Die Chancen stehen gut. Zumindest bei Pau kann man aber davon ausgehen, dass er in Zukunft dort Platz nehmen wird.


Ebenfalls in die Ruhmeshalle der NBA wird Steph Curry einziehen. Auch der trifft während der Saison hin und wieder mal auf ein Familienmitglied. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Seth (Portrait) ist ebenfalls Teil der NBA-Familie, allerdings weitaus weniger Star als der zweifache MVP und dreimalige Meister von der Westküste. Beide Edelschützen sind Söhne von Dell Curry (Shooting-Guard in den 90ern) und waren zudem das erste Bruderpaar, das sich in den Conference-Finals gegenüberstand (2019: Portland vs. Golden State).

Die Curry-Brüder sind neben den Griechen momentan nicht die einzigen, aktiven NBA-Brüderpaare. Prominentester Vertreter der zweiten NBA-Großfamilie ist Jrue Randall. Klar, die Rede ist von den Holiday-Brüdern. Der Champion von 2021 gehört zu den besten Guards der Liga. Von diesem Status sind seine Brüder Justin und Aaron meilenweit entfernt. Beide Guards schnüren für die Pacers ihre Sneaker. Zwar nicht elitär, dafür hatte der älteste Holiday-Bruder lange Zeit als einziger aus dem Hause einen Ring am Finger: So gewann Justin 2015 im Warriors-Jersey mit einer durchschnittlichen Einsatzzeit von 2.1 Minuten pro Spiel die Meisterschaft. Immerhin.

Nun gesellt sich Jrue dazu und sprengt zusammen mit Giannis und Thanasis Antetokounmpo die eben erwähnte Einmaligkeit der Gasol-Brüder. Den beiden Spaniern muss man im Vergleich zu den anderen meisterhaften Brüderpaaren allerdings zugute halten, dass sowohl Pau als auch Marc eine tragende Rolle in ihren jeweiligen Meisterteams spielten. Das kann man von Kostas, Thanasis oder Justin nicht behaupten.

Und sonst so? Die Morris-Zwillinge gehören ebenfalls noch zu den aktiven Brüderpaaren: Marcus verpasste vor kurzem erst mit seinen L.A. Clippers den Einzug in die NBA-Finals. Sein Bruder Markieff kam mit den L.A. Lakers nicht über die erste Playoff-Runde hinaus. Die beiden Forwards trieben das Zwilling-Dasein mit identischen Tattoos auf die Spitze. Zudem ranken sich immer wieder Gerüchte um heimliche Ersatzauftritte. Mittlerweile sind sie fast 10 Jahre in der Liga und sorgten im Januar 2015 zusammen mit den Dragic-Brüdern für ein Novum. Denn damals standen erstmals zwei Brüderpaare in einem Team (Phoenix Suns) gleichzeitig auf dem Hartholz.


Ebenfalls das gleiche Trikot trägt aktuell ein neues Bruderpaar in der NBA: Rookie Franz und Drittjahresprofi Moritz Wagner laufen mit Beginn der Saison 2021/22 für die Orlando Magic auf.
Auch die beiden Lopez-Kanten gehören zu den bekannteren, noch aktiven Brüderpaaren. Brook gewann vor kurzem neben den bereits erwähnten Jrue Holiday und Giannis Antetokounmpo mit den Bucks die Meisterschaft. Sein Zwillingsbruder und Washington Wizard Robin befand sich dort bereits im Urlaub. Erwähnenswert sind noch die jungen Guards der Ball-Familie, Lonzo und Rookie of the Year LaMelo sowie die Hernangomez-, Jones-, Martin- und McDaniels-Brüder. Oder auch die Dragic-Brüder, wobei der jüngere Bruder (Zoran) vom Heatle Goran (Portrait) nicht mehr in der Liga spielt.

Ein erneuter Blick in die Geschichte der NBA zeigt noch weitere Brüderpaare. Dabei findet sich in diesen Geschwisterkonstellationen oftmals ein Star – und eben sein Bruder. So sind die Gasol- und McGuire-Brüder diesbezüglich eher Ausnahmen.

Beispielsweise die Grant-Zwillinge. Horace spielte 17 Jahre in der Liga und hat sich als The Enforcer bei den Chicago Bulls und Orlando Magic einen Namen gemacht – inklusive vier Meisterschaften, einer Allstar-Nominierung und ein Alltime-Accessoire. Sein Zwillingsbruder Harvey reifte in 11 Jahren überwiegend bei den Washington Bullets und Portland Trailblazers eher zum soliden Rollenspieler.

Größer wirkt da noch die Schieflage zwischen den King-Brüdern. Auf der einen Seite stehen vier Allstar-Nominierungen, Scoring-Champion, vier All-NBA-Teams und die Hall of Fame in 14 Jahren NBA. Auf der anderen stehen 9 Jahre NBA-Basketball, Punkt. Star der Familie ist hier ganz klar Bernard King, was die Leistung seines drei Jahre jüngeren Bruders Albert absolut nicht schmälern soll.

Eine ähnliche Konstellation findet sich in der Wilkins-Familie wieder. Hier ist Dominique mit seiner Platzkarte für die Hall of Fame, den 9 All-Star-Nominierungen, Scoring-Champion und 7 All-NBA-Teams gegenüber seinem vier Jahre jüngeren Bruder Gerald eindeutig der erfolgreichere Bruder.


Auf ziemlich gleichem Niveau bewegten sich die Collins-Zwillinge. Beide – Jarron und Jason – waren solide Center, die in 10 bzw. 13 NBA-Jahren 3.9 bzw. 3.6 Punkte auflegten und keine weiteren Ehrungen einheimsten. Außer, man möchte Jasons ersten Platz bei den begangenen Fouls in der Saison 2004/05 (322) dazu zählen. Dass Jason Collins zudem im Jahr 2013 seine Homosexualität als erster NBA-Profi bekannt machte, nötigt noch heute größten Respekt ab.

Abschließend muss die Barry-Familie genannt werden. Denn die gehört zu denjenigen, die gar über zwei Generationen NBA-Basketball spielten. Drei Söhne des Hall of Famers Rick Barry spielten bis zu 14 Jahren in der Liga, wobei Brent mit zwei Meisterschaften der erfolgreichste war. Sein zwei Jahre älterer Bruder Jon spielte ebenso lang in der NBA. Drew, der jüngste, brachte es nur auf drei Jahre in der Association.

Dass Basketball also ganze Familien bestimmen kann, ist offensichtlich. Der Vollständigkeit halber sind es nicht immer nur Brüder, die NBA-Basketball spielten. Auch Cousins finden sich in der Liga. Bekanntestes Paar sind hierbei wohl Vince Carter und Tracy McGrady.

Und dass Basketball auch Generationen übergreifend Familien prägte, ist ebenfalls bekannt. Doch das führt an dieser Stelle zu weit, womit wir schon in Richtung Part II schielen: Wie der Vater, so der Sohn?

marcel

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