Saisonvorschau...oder: Die jungen Leiden eines alten Sixers-Fans?
Fan der Sixers zu sein ist selten
leicht – und da spreche ich aus Erfahrung. Seit der Ankunft von Allen Iverson
im Jahr 1996 hängt mein Herz an der Franchise aus Philadelphia, weshalb ich
schon das ein oder andere Mal frustriert auf das digitale Endgerät schaute.
Ob
nun der Bynum-Trade, der elendig lange Process, das Simmons-Drama, „Tobias
Harris over me“, Kawhis „The Shot“ oder das Verscherbeln von u.a. Jrue Holiday, Mikal
Bridges und Isaiah Joe. Oben drauf kämen noch die unzähligen Verletzungen
wichtiger Spieler oder auch rückblickend fragwürdige Draft- bzw.
Kaderentscheidungen. Sei’s drum. Dafür gab es auch Finalsbasketball rund um
einen der elektrisierendsten Stars der NBA-Geschichte und so manche
Highlight-Games.
Und heute? Da haben wir das Harden-Drama inklusive einem Batzen Ungewissheit. So wird der bisher beste Mitspieler von Joel Embiid seinem Ruf gerecht, streikt sich einmal mehr aus einer Franchise raus und sorgt so für viele Fragezeichen, was die kommende Saison betrifft.
Und dennoch freue ich mich auf die neue Spielzeit. Warum? Dafür gibt es einige Gründe:
- Der neue Headcoach und dessen Team! Sicherlich, Nick Nurse hat seine Ecken und
Kanten, was den Umgang mit den Spielern angehen soll – er ist weniger
Players-Coach und fordert viel. Er lässt aber auch einen variableren Basketball mit
viel Bewegung, Pässen, Cuts und Optionen spielen. Auch defensiv agiert er mit
kreativen Aufstellungen und stellt gegnerische Offensiven vor so manche Herausforderungen.
Insgesamt ist der Trainer die wichtigste Neuverpflichtung und sollte dem Team neue sowie gewinnbringende Impulse geben können. - Joel Embiid wird gesund,
motiviert und fokussiert in die Saison gehen. Zudem wirkt er wesentlich
gereifter und tritt immer mehr als Führungsspieler auf. Nach dem MVP-Award (✓)
in der letzten Saison und den schwachen Playoff-Auftritten in den entscheidenden
Spielen gegen die Celtics wird es für den 29-jährigen Center nur noch ein Ziel
geben: Teamerfolg!
- Tyrese Maxey (22) hat in den letzten
Jahren eine rasante Entwicklung im Windschatten von Embiid und vor allem James
Harden genommen, die einfach nur Vorfreude auf das Kommende macht: Schnelligkeit,
Wurfquoten, Furchtlosigkeit im Drive, Arbeitseinstellung, Persönlichkeit und
noch mehr Luft nach oben, was Playmaking, Entscheidungsfindung und Defense
angeht – für mich ist er ein Steal seiner Draft. Unter dem neuen Coach und in
Abwesenheit vom Bärtigen kann er sich möglicherweise vollends entfalten.
- Tobias Harris geht in ein
Contract-Year. Klar, er wird nicht die Zahlen auflegen, die sein bisheriges
Salär erwarten würde – trotzdem erwarte ich ein starkes Jahr vom erfahrenen
Glue-Guy und hoffe, er bleibt den Sixers teamfreundlich bezahlt erhalten.
- Die Young-Guns Jaden Springer (21) und
Paul Reed (24), die schon in den letzten beiden Jahren Lust auf mehr machten – ob nun
als Back-Up oder bei den Blue Coats (G-League). Die beiden sind nachweislich
talentiert, furchtlos, ehrgeizig und können all das hoffentlich auch regelmäßig
unter dem neuen Headcoach zeigen.
- Die Armada an s.g. Dawgs in
Patrick Beverly, P.J. Tucker, Danuel House Jr. und De’Anthony Melton, gegen die
man ungern spielen möchte – die gleichzeitig aber auch offensiv beitragen können: Ob durch Playmaking, Setzen von Screens, Rebounding oder Scoring per
Catch&Shoot bzw. in Transition.
Und: Diese Gruppe von Spielern könnte durch einen Harden-Trade mit den Clippers um Marcus Morris, Robert Covington oder Nicolas Batum anwachsen. - NoBrainer-Verpflichtungen mit Mo
Bamba, Kelly Oubre Jr. und Danny Green – alle drei kommen zum Minimum und sind
durchaus in der Lage, positiven Einfluss zu nehmen. Ob Bamba als
defensivstarker Stretch-Big, Oubre Jr. als Scoring-Punch von der Bank oder Green
mit seiner Veteran-Leadership und dem ein oder anderen Dreier – deren Signings
rundeten die unruhige Offseason ab.
- Abschließend sei die Gehalts- bzw. Vertragsstruktur des Teams zu nennen. Denn die verschafft Daryl Morey & Co. im
kommenden Sommer enormen Gestaltungsspielraum. Stand jetzt sind nach der Saison nur Embiid,
Maxey, Springer, Reed und Tucker (PO) unter Vertrag. Es ist davon auszugehen,
dass die Sixers das Arbeitspapier mit Maxey maximal verlängern, sodass es trotz der
aktuellen Situation um Harden relative Planungssicherheit gibt, zumal Morey
auslaufende Verträge als Gegenwert für den wechselwilligen Star möchte.
Ich gehe auch nicht davon aus, dass Joel Embiid im Laufe der Saison einen Trade fordert – dafür ist er m.E. mittlerweile zu sehr in Philadelphia verwurzelt. Die leidenschaftlichen Fans würden es ihm auf ewig danken, wie es bei Iverson zu sehen ist. Hier ist vermutlich aber eher Wunsch Vater des Gedankens. Mal schauen. Fakt ist: Ein Embiid-Trade käme dem Reset-Knopf gleich und dürfte eine Menge Gegenwert in die Sixers-Zukunft spülen.
Abschließend bleibt also die
Erkenntnis: Alles gar nicht so schlimm, wie es durch das Harden-Drama scheint.
Zumal es schon wesentlich frustrierender war, Sixers-Fan zu sein.
Ich freue mich auf den frischen Wind unter Nurse, einen gereiften Embiid, die Entwicklung von Maxey, Springer und Reed sowie "Basketball the right way" inklusive Hustle-Plays und kerniger Defense, was auch die Fans im Wells Fargo Center honorieren werden.
Am Ende werden wir Playoff-Basketball sehen und mit dem Wissen um eine positive Entwicklung während der Saison optimistisch nach vorn schauen. In dem Sinne: Let’s go Sixers!
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