Call me...Tim Connelly: Die Offseason der Timberwolves.

Mein ehemaliger Kommilitone und NBA-London-Game-Begleiter Sebastian war während der Saison 2008/09 in Minnesota und konnte die Timberwolves zweimal im Target Center spielen sehen. Seitdem ist er Wolf im Herzen und nimmt uns heute als „Tim Connelly“ mit in deren Offseason-Planung.

Thanks for calling….

joah…läuft für mich! Neuer Job, neues Office und ein fetter 5-Jahres-Vertrag über $40 Millionen, der mich in die Top-Liga der General Manager katapultiert! Die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains werde ich zwar etwas vermissen, aber Schnee gibt’s in Minnesota auch zur Genüge. Seit dem 1. Juni leite ich also die Geschicke der Timberwolves und ich möchte behaupten, ich hätte es wesentlich schlimmer treffen können, als zum jetzigen Zeitpunkt in den Club einzusteigen. Ehrlich gesagt: Vor ein paar Jahren hätte ich den Job auch nicht angenommen. Aber nach vielen Jahren irgendwo zwischen Liga-Mittelmaß und Lottery changierend, scheint es im hohen Norden endlich wieder rosig auszusehen. OK…das hat man vor dem gescheiterten Jimmy Butler und Tom Thibodeau-Experiment vor 5 Jahren auch gedacht, aber dieses Mal bin ich überzeugt, dass es besser wird.

Mit Coach Chris Finch an der Seitenlinie haben wir einen Übungsleiter, der dem Team eine Spielphilosophie eingehaucht hat, die funktioniert und dabei die Spieler nicht tyrannisiert (Hello Thibs!). In der Verteidigung wird man dank Einsatz und Grit and Grind längst nicht mehr so überrannt wie in den Vorsaisons (in defensiven Hustle-Stats wie Deflections, Blocks und Steals rangierten die T-Wolves jeweils in der Ligaspitze) und die Offensive zeigte phasenweise, dass sie zu den besten der Liga gehören kann (ligaweit die fünfmeisten Punkte pro Spiel). 

Darüber hinaus haben meine Vorgänger ein gutes Händchen bewiesen und einen sehr hoffnungsvollen Kern etabliert, um den sich eine Franchise aufbauen lässt. Nein, ich spreche nicht von D’Angelo Russell und Karl-Anthony Towns, sondern von Anthony Edwards, der erst im August seinen 21. Geburtstag feiern wird aber schon jetzt nicht mehr aus Starting-Five wegzudenken ist. In der Playoff-Erstrundenserie gegen die Grizzlies, die ich natürlich mit großem Interesse verfolgt habe, hat der Youngster überzeugt – im Gegensatz zu anderen Protagonisten mit dem Wolf auf der Brust. Towns wirkte bisweilen überfordert von der Aufmerksamkeit, die Playoff-Defenses bereit sind, ihm zu schenken. Und Russell wirkte trotz ansprechender Statistiken so, als würde er einen bis zwei Gänge langsamer spielen als seine Teammates, die dank irrer Athletik (Edwards, Vanderbilt) und/oder athletischer Irre (Beverley, Towns) wie aufgezogene Energizer-Bunnies über das Hartholz fegten. War toll anzusehen, aber man hat auch gemerkt, warum sich der Spruch „junge Teams würden keine Championships gewinnen“ bewahrheitet. In den entscheidenden Momenten fehlte es dem Team an Cleverness und Routine, um mehrere Double-Digit-Leads über die Ziellinie zu retten.       

Das wichtigste allerdings ist, dass die Fans wieder nach Downtown Minneapolis kommen, um uns spielen zu sehen. Seitdem ein gewisser Kevin Garnett die Franchise verlassen hat, war Profibasketball in den Twin Cities bei den Fans nicht mehr so angesagt. Football und Eishockey hat hier ein hohes Standing. Aber selbst das Team der Gophers von der hiesigen University of Minnesota zog mehr Fans in die Halle als wir. Aber das werden wir ändern! 

Das Ziel für die kommende Saison ist somit ziemlich klar: Die positiven Vibes der Saison 21/22 mitnehmen und die erste Playoff-Runde überstehen…mit dem Minimalziel Playoffs, was in der ultrakompetitiven Western Conference allerdings nicht so leicht werden dürfte.

Beim Blick auf den Kader und die verfügbaren Spieler auf dem Markt möchte ich – mit aller Unbescheidenheit – behaupten, dass die Wolves ihre wahrscheinlich wichtigste Offseason-Akquise bereits mit meiner Verpflichtung getätigt haben. Nicht weniger als 11 Spieler des letztjährigen Kaders stehen auch für das kommende Jahr unter Vertrag (bzw. es gibt Team-Optionen) und es spräche vieles dafür, das junge Team sich weiter entwickeln zu lassen und nur punktuell zu verstärken. Durch die vielen laufenden Verträge – von den Rotationsspielern laufen nur die Verträge von Taurean Prince ($12.6 Millionen), Josh Okogie ($2.8 Millionen) und Jake Layman ($3.7 Millionen) aus – ergeben sich zudem relativ geringe Handlungsspielräume für Neuverpflichtungen. Sowohl für Naz Reid als auch für Jaylen Nowell bestehen Team-Optionen, mit denen wir beide Spieler noch für ein weiteres Jahr zum Spartarif binden können. Da beide sehr ansprechende Leistungen gezeigt haben, ist diese Option sehr wahrscheinlich.

Etwas dünn ist die Rotation auf den Forward-Positionen, wo wir uns sicher noch Verstärkung suchen werden. Mit Jaden McDaniels und Jarred Vanderbilt haben wir auf dieser Position zwar zwei Rohdiamanten, die aber noch Zeit brauchen werden. Bei Vanderbilt ist zudem noch unklar, ob dieser sich ein halbwegs brauchbares Offensiv-Game zulegen kann, um in engen Playoff-Runden nicht von der Platte gespielt zu werden, weil Help-Defender stets von ihm wegrotieren können.

Mit der Mid-Level Exception von $10.2 Millionen, die uns zur Verfügung steht, ließe sich möglichweise auch mit Taurean Prince ein neuer Vertrag aushandeln, wenn dieser zu Gehaltseinbußen bereit ist. Vielleicht holen wir uns aber auch einen (wahrscheinlich preiswerteren) Routinier wie JaMychal Green als Unrestricted Free Agent ins Boot, der die nötige Routine und Vielseitigkeit auf der Vier mitbringt. Schließlich habe ich ihn schon damals zu den Nuggets geholt und den Move nicht bereut. 

Holen wir uns Green zum Veteranentarif, ließe sich die Mid-Level Exception dann unter Umständen noch für andere Spieler verwenden, wie z.B. einen Dennis Schröder. Da Towns mit Vorliebe von jenseits der Dreier-Linie abdrückt, hätte ein Schröder den nötigen Platz, um in die Zone zu penetrieren und entweder in Ringnähe abzuschließen oder den Ball an KAT oder die anderen Schützen rauszukicken (die Wolves hatten schon im vergangenen Jahr den zweithöchste 3-Punkt-Wurfanteil an allen Würfen ligaweit).  Schnell genug ist er jedenfalls noch, um am Defender vorbei zu kommen und das Drive-and-Kick-Spiel aufzuziehen. Auch im Pick’n’Roll mit KAT oder Vanderbilt würde Dennis sicher eine gute Figur abgeben. Und defensiv sorgt Patrick Beverley schon für die richtige Einstellung.

Weitere Verstärkung winkt in jedem Fall auch durch die Draft! Wir dürfen an 19. Stelle ziehen und was soll ich euch sagen: Ich habe damals einen JOKIĆ gezogen und das Potenzial in ihm erkannt – warum sollte mir das mit einem jungen Mann namens JOVIĆ nicht auch gelingen?! Der Junge ist 2.08m groß, gilt als vielseitig, kommt auch aus Serbien und trägt sogar denselben Vornamen wie der amtierende MVP! Jedenfalls bringt er vom Skillset her genau das mit, was wir bräuchten, auch wenn der jetzt 19-jährige Jović erst langsam an die NBA herangeführt werden müsste. Ach so: Drei Zweit-Runden-Picks (40, 48 und 50) haben wir auch noch! Auch da habe ich in der Vergangenheit schon ein gutes Händchen bewiesen (siehe #51. Monte Morris oder eben #41. Nikola Jokić). Wie dem auch sei – als Verhandlungsmasse taugen die Jungs sicher allemal, denn…

….die größten Fragezeichen stehen sicherlich hinter dem Duo Towns und Russell. Beide zusammen haben es in zweieinhalb Jahren gerade mal auf gemeinsame 88 Spiele gebracht. Dabei absorbieren sie in etwa ein Drittel des Cap Space und Russels Vertrag läuft nach der kommenden Saison aus. Wenn wir also noch einen Gegenwert für ihn wollen, sollte ich mich mal nach einem brauchbaren Point Guard-Ersatz umsehen. Damit ließe sich aber auch noch bis zur Trading-Deadline warten, wenn Lottery-Teams eher bereit sind, dicke, auslaufende Verträge zu absorbieren. Vielleicht können die umbruchwilligen Pacers demnächst auf die Dienste von Malcolm Brogdon verzichten, wenn sich Tyrese Haliburton als der balldominante Spieler in Indiana entpuppen sollte, den alle in ihm sehen.

Naja, ich komm erstmal an und guck mal, was die Draft so bringt. Und wenn mich GMs anrufen sollten, um nach Malik Beasley (noch 2 Jahre Vertrag) zu fragen, dann hör ich gern mal zu, was sie mir im Gegenzug anzubieten haben – obwohl ich ungern Spieler ziehen lasse, die ich schon bei den Nuggets wollte. Bis zum Winter habe ich hoffentlich auch genügend Spiele des Duos Russell und Towns gesehen (die ja Best-Buddies sein sollen), um zu entscheiden, ob beide eine gemeinsame Zukunft im Trikot der Wolves haben werden. Es würde sicherlich helfen, wenn die beiden mal über einen längeren Zeitraum miteinander spielen könnten.

 sebastian

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