James Harden off the court

Neu-Sixer James Harden gehört zu den besten seines Fachs. Alles, was der Premiumscorer auf dem Hartholz tut, wird von Fans wie Experten analysiert und diskutiert – von seinen unnachahmlichen Stepback-Dreiern bis hin zum opportunistischen Ausnutzen des NBA-Regelwerkes. Sein Spiel ist bekannt und als dreimaliger Topscorer der Liga, siebenfacher All-Teamer, zehnfacher Allstar, Sixth Man of the Year 2012 und MVP von 2018 gehört er neuerdings auch zum Jubiläums-Team der NBA-75, was für ihn offenbar nicht selbstverständlich war.


Allerdings entspricht es schon seinem Selbstverständnis, immer zu den besten gehören zu wollen. Und das in allen Bereichen – auch abseits des Basketballfeldes. So sagte er 2019 im Zuge einer Spendenaktion nach Hurricane Harvey: „Every day I wake up, I think about being legendary. Being the best basketball player I can be on the court. But on the flipside of that, I think, ‘How can I can impact the world?’ Ultimately, I want to be a legend off the court as well, in the community.
Der Shooting-Guard spendete damals mehr als $240.000, um zerstörte Basketballplätze wieder aufzubauen. Houstons Bürgermeister Sylvester Turner ergänzte dazu an anderer Stelle, dass der Basketballstar schon zuvor mehr als eine Million Dollar für die Stadt spendete, wobei Harden selbst anklopfte und Hilfe anbot. Hier zeigt sich sein Verständnis von Privilegien, von Herkunft und Verantwortung.
Gemeinsam mit seiner Mutter Monja Willis gründete er auch deshalb die Stiftung 3 The Harden Way, um Jugendliche in Houston zu unterstützen. Dass er zudem Charity-Events in der Stadt organisierte, sich sozial engagierte und in die lokalen Fußball-Teams Houston Dynamo und Houston Dash investierte, spricht für seine Verbundenheit mit der Community. Ob er sich auch in Philadelphia ähnlich präsentiert, bleibt abzuwarten. Schließlich lebte Harden ganze neun Jahren in Houston – das verbindet.

Unabhängig davon scheint es dem gläubigen Christ wichtig zu sein, zurückzugeben. Zumal er mehr als genug hat. Allein durch seine NBA-Verträge wechselten ca. $228 Millionen Dollar auf das Konto des heute 32-Jährigen. Hinzu kommen u.a. ca. $200 Millionen, die er von adidas für ein 13-jähriges Engagement inklusive eigener Linie erhält.
Summen, die fern vieler Realitäten sind. So auch von der des jungen James Edward Harden Jr., der als jüngstes von drei Kindern 1989 in Los Angeles zur Welt kam. Zusammen mit seinem Halbbruder Akili Roberson und seiner Schwester Arnique Jelks wuchs er überwiegend ohne Vater auf – der war bei den Navy Seals und später immer mal wieder wegen Drogendelikten im Gefängnis. Während seiner Highschoolzeit verzichtete der junge James gar auf das „Jr.“ in seinem Namen und auch noch heute spielt James Harden Sr. im Leben des Bärtigen kaum eine Rolle. 

Umso enger ist die Verbundenheit mit seiner Mutter, denn in Abwesenheit des Vaters war die um so wichtiger. „I was the mom and the dad“ beschrieb sie rückblickend ihre Rolle und betonte, dass der Sport aus Gründen schon damals wichtig war: „This was actually to keep my kids active and out of trouble. Being from L.A., and it’s probably just being from anywhere, you have to keep your kids under your wing.
Obwohl sie selbst kein großer Sport-Fan war, ermöglichte sie ihren Kindern alles: Akili spielte Football, Arnique widmete sich dem Cheerleading und James begann mit Baseball – trotz seines Asthmas, worunter er seit seiner frühen Kindheit leidet und weshalb der Inhalator sein stetiger Begleiter ist. Nach einem Wachstumsschub wechselte er als Fünftklässler zum orangenen Leder. Sein Bruder erinnert sich an die Zeit und meinte: „
He carried around a basketball as if it was his job. I was like, ‘Dude, do you know how many people play in the NBA?

Dabei war für James Harden schon früh klar, wohin ihn seine Liebe zum Basketball führen sollte. So überreichte er als Neuntklässler seiner Mutter einen Zettel mit seinem Autogramm und meinte: „P.S. Keep this paper. Imma be a star.
An der
Artesia High School war er es sofort (Youtube-Highlights) und brachte zwei Staatsmeisterschaften nach Lakewood, Los Angeles.

Das Autogramm? Er sollte Recht behalten und kaufte seiner Mutter viele Jahre später schließlich ein Haus in Houston – nur 20 Minuten von seinem entfernt, damit sie ihm weiterhin nahe sein kann. Vor allem, seitdem sie im Ruhestand ist (2009). Grundsätzlich möchte er zurückgeben – vor allem ihr.
Erst im Januar 2022 hob er auf die Frage hin, wer ihn inspiriert habe, seine Mutter hervor:
She‘s a leader, that's my mom. She created me, and the things that she instilled into my mind on how to approach life, how to try to be life or stay ahead of life as much as you can and is one of the reasons where I am today. Strong, single mother, two to three jobs to make sure we have food on the table, just things like that where you don't take it for granted and you try to do everything to make life easier for her.”

Es ist also davon auszugehen, dass er ihr auch in Philadelphia eine Unterkunft kauft, damit sie ihn weiterhin spielen sehen kann – so war sie laut eigener Aussage bei bisher 90% seiner Spiele. Was Mama-Harden zu seinem inoffiziellen Titel als „NBA’s strip club king“ sagt, ist allerdings nicht bekannt.
Fakt ist: Der Bart scheint bei der Familienplanung weniger Ehrgeiz zu zeigen als bei so manchem Wechselwunsch. Mehr Mut legt er dagegen bei seiner Kleiderwahl an den Tag. Regelmäßig präsentiert er sich modisch gewagt und meinte selbst dazu: „
I’m just very, very strange in the sense that I can wear anything and be confident. Most of the people in the rooms that I walk in, they’re like, ‘What the hell is he wearing?’ But inside I’m normal, feeling like I’m wearing something everyone else has on.

So oder so: James Harden bringt neuen Schwung in das Team der Sixers. Und wohl auch in die Stadt der brüderlichen Liebe, deren Fans er kürzlich hervorhob: „These fans are the best fans in the NBA. I think a lot of teams say that, a lot of organizations say that, a lot of fan bases say that. But, like, ride or die — probably the best fans in the NBA, and I’m just happy they’re on my side.

Eine Einstellung, die auch ihm nahe ist. Alles oder nichts. Ganz oder gar nicht. Philadelphia und der Bärtige? Das könnte passen. Nicht zur auf dem Court.

 marcel

Kommentare

Beliebte Posts