Five Hundred or Less: Bonzi Wells (499 Wörter)

Klingt eine Profikarriere nach zehn Jahren NBA-Basketball in China und Puerto Rico aus, ist sie wohl keine eines der ganz großen des Sports. Und zu denen gehört Gawen Deangelo Wells – besser bekannt als Bonzi Wells – tatsächlich nicht. Das verrät auch die Wahrscheinlichkeit von 0.0%, in die Hall-of-Fame aufgenommen zu werden. Ebenso wenig sammelte er individuelle Awards, Ehrungen oder Ringe. Auch seine Karrierewerte kommen mit 12.1 Punkte, 4.6 Rebounds und 2.1 Assists pro Spiel recht unspektakulär daher. Dennoch gehört der in Muncie, Indiana geborene, zur Schule und lokalen Ball University gegangene Wells für viele NBA-Fans zum Kulturgut. Das hat zwei Gründe: Sein Spiel selbst und seine kernige Persönlichkeit.

Ersteres hatte klassische Two-Way-Vibes. So war der 1.96m kleine Flügelspieler ein guter, bisweilen bissiger bis ekliger Verteidiger, der seinen Gegenspielern jeden Ballbesitz so schwer wie möglich machte. Zudem klaute er 1.3 Mal pro Spiel den Ball im Laufe seiner NBA-Karriere – während seiner vier Jahre am College waren es sogar 3 Steals pro Spiel. In dieser Kategorie sowie bei den erzielten Punkten hält er sogar die All-Time-Rekorde in der Mid-American Conference (NCAA). Seine College-Statistiken versprachen also einiges: 21.4 Punkte, 3 Steals, 3.3 Assists und 7.3 Rebounds pro Spiel. Dabei war sein Offensivspiel sehr flexibel: Er traf den Dreier solide und konnte im Eins-gegen-Eins mit viel Energie seine eigenen Abschlüsse kreieren. Besonders die Fußarbeit mit dem Rücken zum Korb war herausragend, sodass er nicht selten in den Post ging – etwas, das er auch als Profi immer wieder zeigte.

Als Collage-Star, dessen Nummer unter der BSU-Hallendecke hängt, ging er 1998 (11. Pick) in die NBA. Bei den Portland Trail Blazers zeigte er in sechs Jahren die gesamte Bandbreite seines Wirkens, bestehend aus Karrierehöchstwerten inklusive Playoff-Rekorde aber auch zahlreicher Eskapaden. 

 

Womit wir bei Grund zwei sind: Seine Persönlichkeit. Mit dieser eckte er oft an – keine Schwäche zeigen, hart bleiben: Auf und neben dem Feld. Rückblickend würde der heutige Vater von drei Söhnen einiges anders machen: "I'm older now, and I can see things that I wish I would've done so differently back then."
Konkret geht's um die Blazers der Jahrtausendwende – um ein Team, das sportlich für Furore sorgte. Aber eben auch medial: Fast wöchentlich wurden Spieler aufgrund von Marihuana-Besitzes, Alkohol am Steuer usw. festgenommen – die s.g. Jail Blazers um Rasheed Wallace, Damon Stoudamire und Zach Randolph waren for real. Eine Mannschaft, die ihre Gegner zerstören wollte und dabei technische Fouls en Masse kassierte. Und mitten drin Bonzi Wells. Nachdem er sich auch mit den eigenen Fans anlegte, wurde er getradet. 

Das Umfeld in Memphis und Sacramento tat ihm gut. Besonders in Kalifornien lief es, sodass ihm die Kings damals eine Vertragsverlängerung für fünf Jahre und $38.5 Millionen anboten. Die lehnte er in dem Glauben ab, mehr zu bekommen. Schließlich unterschrieb er ein Einjahresvertrag für $2 Millionen Dollar in Houston, wo er nie so recht ankam.

Heute ist der selbsternannte "Career-Laker-Hater" Trainer am LeMoyne-Owen College und blickt zusammen mit seinem Freund Sheed im gemeinsamen Podcast "Let’s get technical" auf die NBA – sehr authentisch und geradeaus, Bonzi halt.

 marcel

Fakten: Bonzi Wells bei basketball-reference.com

Zitat: "Bonzi Wells may be right road self-discovery" (nbcsports, 2011)

 

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