Five Hundred or Less: Bobby Portis (499 Wörter)
Die Playoffs 2021 dürften nach dem Geschmack von Bobby Portis sein: Erst die Vorjahresfinalisten aus Miami, dann die Brooklyn Nets und schließlich starke Atlanta Hawks auf den Weg in die NBA-Finals geschlagen. Der Weg dorthin hätte also leichter sein können. Doch das ist ohnehin nicht das, was Bobby Portis kennt – leichte Wege.
Geboren und aufgewachsen in Little Rock machte der junge Bobby früh Bekanntschaft mit einem rauen Umfeld. Denn die Hauptstadt des Bundesstaates Arkansas zählte lange Zeit zu den fünf gefährlichsten Städten der USA. Doch nicht nur Drogenkriminalität und Gangrivalitäten prägten die Jugend des heutigen NBA Big Man. Auch die zahlreichen, wechselnden Partner seiner Mutter sollten ihn zu dem machen, der er heute ist. Einschneidend war laut Portis und seiner Mutter Tina Edwards ein Vorfall, bei dem der damals 14-Jährige sie vor ihrem gewalttätigen Partner beschützte. Ein Turning-Point in seiner Entwicklung.
Generell
spielt die Alleinerziehende eine große Rolle im Leben des heute 26-Jährigen. Selbst
ebenfalls Basketball spielend wuchs sie in ärmlichen Verhältnissen auf und
erhoffte sich mehr für ihre vier Söhne. Disziplin wurde großgeschrieben. Dies
bedeutete keine Videospiele unter der Woche, Hausaufgaben vor dem Training und
gute Noten waren ein Muss. Trotz der führsorglichen Mutter ging all die Gewalt,
die Armut und der Druck als ältester Bruder nicht spurlos am jungen Bobby
vorbei. Das zeigte
sich vor allem beim Basketball, der ihn äußerst emotional und auch aggressiv
werden ließ.
Dass sich solche Verhaltensweisen festsetzen können, weiß Nikola Mirotić nur zu gut. Dem verpasste Teamkollege Portis im Bulls-Training 2017
eine Gesichtsfraktur. Acht Spiele Sperre und ein zweifelhafter Ruf sowie der
Trade nach Washington D.C. waren die Folge.
Zurück zum jungen Bobby. Der musste erst lernen, die Wut und Energie zu kanalisieren. Dabei half ihm vor allem seine Mutter – aber auch seine Jugendtrainer, darunter Ex-NBA-Profi und Arkansas-Legende Corliss Williamson. Der war von Portis‘ Athletik beeindruckt und nahm sich des rohen wie talentierten Rechtshänders an. Im ehemaligen NBA-Meister (2004) und Sixth-Man-of-the-Year (2002) fand der Neunjährige Bobby wiederum ein Vorbild, gar eine Vaterfigur. So war die Frage nach dem weiteren Weg keine – die University of Arkansas wurde Portis‘ basketballerische Heimat.
Nach zwei Jahren als Razorback kam er schließlich in die NBA. Die Chicago Bulls zogen ihn 2015 an 22. Stelle. Scouts und Trainer sahen ein Paket, das an Kevin Garnett erinnerte – sein sportliches Vorbild: Die Energie, die Größe (2.08m) und ein guter Wurf. Dennoch kam er nie über die Rolle des Bankspielers hinaus – nicht in Chicago, Washington, New York oder Milwaukee. Es spricht jedoch für ihn, dass er diese Rolle angenommen hat.
Besonders in dieser Saison – seinen Bucks gab er 11.4 Punkte und 7.1 Rebounds pro Partie bei sehr guten Quoten: 54.2% Zweier, 47.1% Dreier – letzteres zugleich der drittbeste Wert ligaweit. Die sind nun in den Finals bei 1:2 Rückstand gefragt.
Fest steht: Bobby Portis
wird alles auf dem Parkett lassen. Denn er hat sich über all die Jahre eine –
wie er sie nennt – "I'm-not-going-to-let-you-stop-me"-Mentalität
angeeignet.
Abseits des
Hartholzes spiegelt die UNDERDOG-Collection sowie die Bobby-Portis-Foundation zur
Unterstützung alleinerziehender Mütter seine Biographie wieder. Stark!
Fakten: Bobby Portis bei basketball-reference.com
Mehr: Bobby Portis in der Players' Tribune (10.07.21)
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