Rebuild, da war doch was (Pt. I: Lief doch ganz gut?)
(Der Text erschien vorab hier: nbachef - Rebuild, da war doch was [...])
Die Trade-Deadline ist Geschichte. Bis heute Abend müssen auch die letzten Buyouts über die Bühne gehen. Doch schon jetzt sind die Absichten der GMs absehbar: Ob tiefer Playoff-Run oder gar Meisterschaft, ob Fortführen des sanften Umbruchs oder Einleiten eines Rebuilds – jede Franchise verfolgt ihre eigenen Ziele. Gerade der Rebuild ist eine Besonderheit, die es so in anderen Sportligen kaum gibt. Grund genug, mal genauer darauf zu schauen.
Rebuild
– auf Deutsch Neuaufbau – ist eigentlich ein positiver Begriff. Er
transportiert eine emotionale Bandbreite, von zaghaftem Optimismus bis
hin zu an Euphorie grenzender Aufbruchstimmung. Der Fan eines NBA-Teams
befindet sich dagegen in ganz anderen Gemütszuständen, sobald der
Begriff im Zusammenhang mit seiner geliebten Franchise auftaucht: Nehmen
die Verantwortlichen diesen in den Fokus, müssen Fans ihre nachhaltige
Leidensfähigkeit beweisen – da sind Frust, Verzweiflung und Resignation
nicht weit. Optimismus ist erst dann wieder angesagt, wenn man den
kommenden Franchise-Player in seinen Reihen weiß oder die Anzahl der
Siege spürbar zunimmt.
Nur
warum hat der Rebuild ein derart schlechtes Image? Eine Erklärung
liefert der Begriff selbst. Denn dort, wo ein Neuaufbau erforderlich
scheint, kam man zum Schluss, dass der Erfolg in weite Ferne gerückt ist
– dass die Franchise einem Trümmerhaufen gleicht, um im Bilde zu
bleiben. So dramatisch ist es allerdings selten, wenngleich sich die
Situation für Spieler, Verantwortliche oder auch Fans einer Franchise so
anfühlen kann.
Dabei
gibt es verschiedenste Gründe, die dazu führen können: Möglich ist
entweder, dass sich der oder die Leistungsträger aka Stars einer
Mannschaft im Herbst ihrer Karriere befinden und der Staffelstab keinem
jüngeren Abnehmer übergeben werden kann. Für Fans noch schlimmer ist der
Verlust ihrer Stars in die Free-Agency oder im Rahmen eines Trades, der
unter Druck, aufgrund auslaufender Verträge oder einem Trade-Gesuch des
Stars, getätigt werden musste. Oder eine Franchise stellt nach
eingeleitetem Rebuild fest, dass die vorhandenen Puzzlestücke ein Ganzes
ergeben, das wenig erfolgsversprechend ist, und drückt erneut den
Reset-Knopf.
Dieser
vielzitierte Reset-Knopf: Er klingt banal, bedeutet jedoch meist
schlechten Basketball, wenige Siege und keine großen Namen mit Zukunft
im eigenen Roster. Denn ein Rebuild bringt vor allem junge Talente auf’s
Hartholz, die Fehler machen. Zudem füllt er die Schatulle mit
zukünftigen Draft-Picks, die im hier und jetzt keine Fans in die Halle
locken, perspektivisch aber den Franchise-Player per Draft ins Team
holen sollen.
Und
ein Rebuild versammelt auch schlechte, weil teure Verträge
durchschnittlicher Spieler im Team, die man sich via Trade mit ebenjenen
Picks versüßen ließ. Abgeschlossen ist der Prozess meist, wenn der
junge, hochtalentierte und zusammengewachsene Kern durch
überdurchschnittliche Veteranen und funktionierende Rollenspieler
ergänzt werden kann, was schließlich zu regelmäßigem Playoff-Basketball
führt.
In
der NBA gibt es Franchises, die diesen Weg konsequent gehen bzw. gehen
müssen, und es gibt diejenigen, die eine Abkürzung nehmen können. Dazu
gehören die Premium-Franchises der Premium-Märkte: Die Teams aus Los
Angeles und New York zum Beispiel. Deren Strahlkraft macht es nicht
unbedingt erforderlich, über Draft inklusive Entwicklung junger Talente
neu aufzubauen. Dort werden gerne hochkarätige Free-Agents verpflichtet,
die wiederum weitere Verstärkungen ermöglichen - zumindest theoretisch.
So
kann man beispielsweise die Lakers oder Nets ausklammern, obwohl man
sie in den Jahren vor 2018 bzw. 2019 als Teams im Rebuild bezeichnen
konnte. Dass dann LeBron James seine Talente nach Hollywood brachte und
ein Jahr später Kyrie Irving plus Kevin Durant nach Brooklyn zogen,
änderte die dortige Dynamik schlagartig und machte die Additionen von
Anthony Davis auf der einen und James Harden auf der anderen Seite im
Nachgang erst möglich.
Diese
Aussichten haben Teams in kleineren Märkten nicht – dass ein LeBron
James oder Kevin Durant in Memphis oder Oklahoma City unterschreiben,
ist äußerst unwahrscheinlich. So bleibt diesen Franchises nur der
klassische Rebuild. Und das muss nicht schlecht sein – das zeigen
gegenwärtig vier ausgewählte Beispiele, die in den vergangenen vier bis
fünf Jahren den Reset-Knopf drückten:
Atlanta Hawks
Das
Team aus Georgia erreichte zwischen 2008 und 2017 noch regelmäßig die
Playoffs, einmal sogar die Eastern Conference Finals. Nach den Abgängen
von Al Horford und Jeff Teague (2016) sowie Paul Millsap (2017) leiteten
sie dort den Neuaufbau ein – mit dem damals jungen Dennis Schröder und
dem frisch gedrafteten John Collins (19. Pick).
Im
Jahr eins des Rebuilds blieben Siege Mangelware, sodass die Hawks
erwartungsgemäß die Playoffs verpassten. Die Lottery meinte es gut mit
den Raubvögeln – an dritter Stelle 2018 zogen sie Luka Doncic, nur um
ihn schnurstracks für Trae Young (5. Pick) sowie einen weiteren
Firstrounder nach Dallas zu schicken. Aus dem zusätzlichen Pick wurde
2019 Cam Reddish (10. Pick), wodurch der junge Kern von heute schon früh
Form annehmen konnte.
Dass
die Hawks im selben Jahr zudem zwei gestandene Profis (Dennis Schröder
und Mike Muscala) für Carmelo Anthony nach Oklahoma schickten, war nur
konsequent: Spielzeit für die Jungprofis, ein Veteran als Gegenwert (der
aber nie ein Hawks-Jersey trug), und als Sahnehäubchen ein Firstrounder
2022. Dass es aber oft einen Veteranen als Mentor braucht, beherzigten
sie in Atlanta und verpflichteten 2018 Musterprofi und -teammate Vince
Carter, der bis zu seinem Karriereende 2020 so manchen Dreier einstreute
und den Jungprofis mit Rat und Tat zur Seite stand.
Zusammen
mit Shooting-Guard Kevin Huerter (19. Pick 2018) sowie Flügelspieler
De’Andre Hunter (4. Pick 2019) haben die Atlanta Hawks einen
talentierten, jungen Kern, der durch weitere Trades und Signings ergänzt
wurde. Für die Playoffs reichte es bisher noch nicht. Vor dieser Saison
vollzogen die Verantwortlichen um Travis Schlenk nun den Turnaround:
sie verpflichteten u.a. mit Danilo Gallinari ($61 Millionen, 3 Jahre),
Bogdan Bogdanovic ($72 Millionen, 4 Jahre) sowie Rajon Rondo ($16
Millionen, 2 Jahre) renommierte Veteranen und sicherten sich wohl auch
dadurch die erste Playoff-Teilnahme seit 2017. Atlanta rangierte bei
Redaktionsschluss auf Rang fünf im Osten.
Der
Deadline-Deal um Rajon Rondo richtete parallel zum gegenwärtigen Erfolg
(Platz 4, Stand 05. April) den Blick nach vorn – im Gegenzug kam
Fanliebling Lou Williams aus Los Angeles und mit ihm noch mehr Capspace
2021: $93 Millionen für 10 Spieler stehen dann in den Büchern. Darunter
John Collins, der jedoch Restricted Free-Agent ist und spürbar teurer
werden wird.
Dennoch
sieht die mittelfristige Zukunft der Hawks rosig aus. Zum einen haben
sie bis 2028 ihre eigenen Firstrounder sowie einen zusätzlichen aus
Oklahoma, zum anderen bereits in All-Star Trae Young seinen
Franchise-Player, zudem eine Gruppe talentierter Jungprofis garniert mit
Rookie Onyeka Okongwu (6. Pick 2020) und den Veteranen, die den
Unterschied machen können. Ob Gallinari, Bogdanovic und auch Capela dazu
in der Lage sind, ist das größte Fragezeichen – und auch, ob deren
Verträge rückblickend nicht doch zu umfangreich sind.
Oklahoma City Thunder
Russell
Westbrook stand viele Jahre für Playoff-Basketball in Oklahoma.
Flankiert von Co-Stars wie Paul George und veritablen Rollenspielern wie
Steven Adams oder Andre Roberson powerte der Guard seine Thunder
regelmäßig in die Postseason, wenngleich es in der jüngeren
Vergangenheit nie für die zweite Runde reichte.
Im
Sommer 2019 dann die Zäsur – auch gezwungenermaßen, da Paul George
einen Trade nach Los Angeles forcierte. Diesen Abgang ließ sich Sam
Presti fürstlich entlohnen. Neben dem hochtalentierten Shai
Gilgeous-Alexander sowie Veteran Danilo Gallinari wechselten 5
Firstrounder den Besitzer. Einen weiteren erhielt er von den Denver
Nuggets für Jerami Grant. Der Trade von Franchise-Ikone Russell
Westbrook leitete dann endgültig den Rebuild ein. Für ihn zog Point-God
Chris Paul in die NBA-Provinz. Zudem gab es 2 weitere Firstrounder oben
drauf.
Zu
Beginn der Saison 2019/2020 räumte ESPN den Thunder mit dessen unrunden
Kader eine 0,2-prozentige Chance ein, die Playoffs zu erreichen. Zumal
man erwartete, dass Sam Presti spätestens zur Trade-Deadline Chis Paul,
Danilo Gallinari, Dennis Schröder oder Steven Adams im Sinne des
Rebuilds abgeben würde. Es kam anders, denn die Thunder spielten
erfolgreichen Basketball – so erfolgreich, dass sie als Tabellenfünfter
in die Playoffs einzogen. Das Erstrundenaus gegen die Rockets war
bitter, allerdings auch die Geburtsstunde des Luguentz Dort als weiterer
Eckpfeiler der Thunder-Zukunft.
In
der anschließenden Offseason drückte Sam Presti aufs Gas: Elf Trades
fädelte der umtriebige GM ein. So wurden Chris Paul, Dennis Schröder und
Steven Adams abgegeben, deren Gegenwert teilweise weitergereicht und
einige Picks getauscht. Zudem verließ Danilo Gallinari das Team via
Sign-and-Trade Richtung Atlanta – zurück kam ein Secondrounder.
Angeführt
vom Fast-Allstar Shai Gilgeous-Alexander spielt die Mannschaft aktuell
eine solide Saison und bewegt sich im Dunstkreis der Playin-Games.
Allerdings ist das Erreichen der Playoffs sekundär. Das zeigt auch der
Umgang mit dem vor der Saison verpflichteten Al Horford: Bis Ende März
Starter und nun Mentor im Trainingsanzug – er wird seine Sneaker nicht
mehr schnüren, aber auch nicht aus dem bis 2023 laufenden Vertrag ($81
Millionen) heraus gekauft. Vielmehr sollen die jungen Spieler Minuten
sehen – allen voran die Forward-Talente Darius Bazley (23. Pick 2019)
und Isaiah Roby (45. Pick 2019), der einzigartige Aleksej Pokusevski
(17. Pick 2020) und Neu-Thunder Tony Bradley, der per Trade für George
Hill aus Philadelphia kam.
Oben
drauf gab es natürlich zwei Secondrounder. Einen weiteren Eckpfeiler
für die Zukunft scheint die Franchise mit dem Franzosen Théo Maledon
(34. Pick 2020) ergattert zu haben – der 19-Jährige spielt eine starke
Saison, startete überwiegend (28 von 44 Spiele; Stand: 05. April) und
bildet zusammen mit SGA ein veritables Guard-Duo – wohl auch für die
Zukunft. Die sieht definitiv gut aus im mittleren Westen. Ihren
Franchise-Player haben sie an Bord und auch Planungssicherheit – SGA
wird 2023 Restricted Free-Agent und die Thunder werden einen Teufel tun,
ihn ziehen zu lassen.
Zusätzlich
zum jungen Team (Altersdurchschnitt: 23.6 Jahre) und dem enormen
Capspace ($49.8 Millionen für zehn Spieler) hat der 'Lord of the Picks'
Sam Presti mittlerweile auch 17 First- und 17 Secondrounder für die
nächsten sieben Jahre auf der Habenseite – ein Fundament, mit dem ein
Rebuild erfolgreich abgeschlossen werden kann.
New Orleans Pelicans
Im
Jahr 2012 begann mit der Ankunft von Anthony Davis eine neue
Zeitrechnung im Big Easy. So dachte man zumindest. Die Pelicans
schafften es jedoch nicht, ihrer MVP-kalibrigen Monobraue einen
nachhaltig erfolgsversprechenden Supporting-Cast zur Seite zu stellen –
ob Jrue Holiday, Tony Allen, DeMarcus Cousins, Rajon Rondo oder Nikola
Mirotic: Das Highlight blieb der Zweitrundeneinzug in den Playoffs
2018.
Die
schwere Verletzung von Cousins, die trübe Perspektive, das zu klein
gewordene New Orleans und ein neuer Berater – der Star wollte weg und
verschwieg sein Wunschziel nicht. Dem verlieh er gegen Ende der Saison
2018/19 zunehmend Nachdruck, bis er schließlich „verletzt“ aussetzen
musste. Das deutliche Verpassen der Playoffs wurde mit dem Lottery-Glück
belohnt: Die Pelikane durften 2019 an erster Stelle ziehen und wählten
erwartungsgemäß Zion Williamson.
Zeit
für den endgültigen Neustart, sodass sich New Orleans schließlich für
einen Trade von Davis nach Los Angeles entschied. Die Lakers konnten das
umfangreichste Paket bieten und schickten neben Brandon Ingram, Josh
Hart und Lonzo Ball noch drei Firstrounder nach New Orleans, sodass in
jenem Sommer neben Nickeil Alexander-Walker (17. Pick) auch noch Jaxson
Hayes (8. Pick) das Pelicans-Cap aufsetzten konnte.
Schlagartig
hatte die Franchise wieder eine Perspektive, obwohl es seinen Superstar
tradete - auch weil das große Losglück hinzu kam. Heute spielen die
Pelicans mit einem famosen Zion Williamson, flankiert von Ingram und
Ball sowie ergänzt durch solide (aber auch teure) Veteranen wie Eric
Bledsoe oder Steven Adams und James Johnson, um die hinteren
Playoff-Plätze mit.
Star-Forward
Williamson hatte letztes Jahr eine schwere Rookie-Saison inklusive
langer Verletzungspause und scheint erst jetzt so richtig in der Liga
angekommen zu sein. Zweitstar, Premiumscorer und ehemaliger 2. Pick
(2016) Brandon Ingram ist mittlerweile seinem Rookie-Vertrag entwachsen –
das neue Arbeitspapier dauert fünf Jahre ($158 Millionen) und gibt den
Pels Planungssicherheit.
Auf
diese verzichteten sie im Fall von Lonzo Ball: Der wird nach dieser
Saison Restricted Free-Agent und wahrscheinlich zahlreiche Angebote
erhalten. Denn der Guard spielt eine überraschend gute Saison, sodass
New Orleans sogar vom angedachten Trade des ehemaligen 2. Pick (2017)
absah. Nun muss David Griffin im Sommer gut überlegen, ob er jedes
Angebot matchen möchte. Denn schon jetzt ist der Kader recht teuer.
Und
er wird teurer – als Beispiel sei 2022/23 angeführt: Dort stehen
bereits $98,3 Millionen für lediglich sieben Spieler in den Büchern.
Angenommen, NOP hält nach der Saison Lonzo Ball und wird perspektivisch
auch Zion Williamson langfristig an sich binden, ist allein dieses Trio
mit Ingram immens teuer - aber auch sehr gut und wohl eine
Playoff-Garantie. Es bleibt also abzuwarten, wie tief Besitzerin Gayle
Benson in das Portemonnaie greifen kann und möchte.
Memphis Grizzlies
Der
Sommer 2017 markiert den Anfang vom Ende und somit vom Neuaufbau.
Damals verließen die Grit-and-Grind-Helden Zach Randolph und Tony Allen
das Team aus Tennessee. In der Saison darauf verletzte sich Mike Conley
Jr. nach nur zwölf Spielen so schwer, dass er die restliche Saison
aussetzen musste. Mit Marc Gasol und Tyreke Evans sowie dem
verletzungsanfälligen Chandler Parsons waren nicht mehr als 22 Siege
drin, sodass Memphis erstmals seit sieben Jahren die Playoffs
verpasste.
In
der darauffolgenden Saison wurde dann endgültig der Rebuild
eingeläutet. Während des Drafts zog Memphis an 4. Stelle den
hochveranlagten Stretch-Big Jaren Jackson Jr. und schickte im Laufe der
Saison den Two-Way-Premium-Center Marc Gasol nach Toronto – im Gegenzug
für den etwas in die Jahre gekommenen Spanier zogen C.J. Miles, Delon
Wright und Jonas Valančiūnas nach Memphis. Letzterer ist auch heute noch
Teil des Teams, unterzeichnete 2019 einen Dreijahresvertrag ($45
Millionen) und zahlt dieses Vertrauen mit sehr guten Leistungen zurück.
Mike
Conley Jr. blieb zunächst als einziger vom Grit-and-Grind-Kern übrig,
denn die Grizzlies beendeten mit ihm die Saison, in der sie erneut die
Playoffs verpassten. Im Sommer 2019 wurde schließlich auch Conley
getradet – es ging für ihn nach Utah, wo der beliebte Musterprofi in
dieser Saison endlich zum All-Star nominiert wurde. Neben Grayson Allen,
Darius Bazley und Jae Crowder sowie Kyle Korver wechselte auch ein
Firstrounder 2020 nach Memphis.
Neben
diesem abschließend wirkenden Trade war das Losglück entscheidend für
die Zukunft der Grizzlies: Denn sie konnten an zweiter Stelle ihren
Franchise-Player wählen. Mit Ja Morant kam zum einen der Ersatz-Guard
für Conley und zum anderen ein unfassbares Talent, das schon früh
Führungsqualitäten demonstrierte. Zusätzlich zum späteren Rookie of the
Year erhielten die Grizzlies Brandon Clarke (21. Pick 2019) im Trade für
Darius Bazley, der nach Oklahoma City wechselte.
Die
jungen Wilden verpassten 2020 nur knapp die Playoffs – die Grizzlies
machten wieder Spaß. Zumal sie weiter an ihrer Zukunft arbeiteten. Kurz
vor der Trade-Deadline 2020 ertradeten sie sich Justise Winslow, die
Veteranen Jae Crowder und Andre Iguodala wurden nach Miami geschickt
(Letzterer kam 2019 für einen Firstrounder 2024 aus Golden State und
trug nie das Grizzlies-Trikot).
Winslow
ist nach langer Verletzungspause wieder fit und komplettiert nun im
Jahr 2021 den jungen Kern um Morant, Melton, Brooks, Clarke und Jackson
Jr., wobei der seit Saisonbeginn ausfällt. Ergänzt durch passende
Veteranen wie Kyle Anderson oder eben Valančiūnas spielen die Grizzlies
um die Playoffs mit. Selbst wenn sie diese wieder nicht erreichen
sollten – die Zukunft strahlt in Tennessee.
Der
Kern ist vertraglich bis 2022 gebunden, danach greift die Restricted
Free Agency zu. In der Saison 2022/23 stehen acht Spieler für $44
Millionen unter Vertrag, darunter die Talente Desmond Bane (30. Pick
2020) und Xavier Tillman (35. Pick 2020). Zudem kontrolliert GM Jason
Wexler alle eigenen First- und Secondrounder, wovon noch zusätzliche zur
Verfügung stehen.
Und
Ja Morant? Der elitäre Pointguard zeigt schon jetzt, dass es ihm
weniger um Statistiken, sondern vielmehr ums Gewinnen geht. Immer wieder
betonte er: „Whatever the team needs from me, that’s what I do!“ - eine
Einstellung, die eine Franchise tragen kann.
Legt
man die vier Prozesse abschließend nebeneinander und wagt eine
Bewertung, tun sich die Grizzlies als Gewinner hervor. Deren vorhandene
Mischung aus Franchise-Player, veritablen Zweit- und Drittstars, jungem
Supporting-Cast, weiteren sich entwickelnden Talenten, zukünftigem
Capspace und den Picks lassen die beste Perspektive erahnen. Ähnlich
lassen sich die Pelicans beschreiben, wobei man hier Abstriche beim
Capspace machen muss.
Noch
auf dem Treppchen befinden sich die Thunder mit ihrem
Premium-Franchise-Player, dem jungen aber noch rohen Kern, dem Capspace
sowie der vollen Pickschatulle. Die Hawks sind schon einen Schritt
weiter als die anderen drei. Ob die Verpflichtungen des Sommers
nachhaltigen Erfolg bringen, muss die nahe Zukunft zeigen. Viel
Spielraum haben sie dann nicht mehr – vor allem nicht, wenn der junge
Kern langfristig und wohl kostspielig gehalten werden soll.
Diese
vier aktuellen Beispiele zeigen, dass ein Rebuild durchaus
funktionieren kann. Allerdings gehören neben Draftglück vor allem zwei
Dinge dazu: Mut und Geduld. Mut, den Prozess einzuleiten, schwere
Entscheidungen zu treffen und jungen Spielern trotz vieler Fehler immer
wieder zu vertrauen. Mit Blick auf die Jungprofis braucht es aber auch
Geduld. Die ist grundsätzlich erforderlich, will man seine Franchise neu
aufstellen.
Es
gibt natürlich aber auch Teams in der Liga, denen die Rebuild-Tugenden
abgehen. Ein klassischer Gegenentwurf zu den vier genannten
Erfolgsbeispielen sind die New York Knicks. Wie eingangs erwähnt könnte
die Franchise den Prozess abkürzen. Allerdings meiden die Premium Free
Agents den Madison Square Garden, mehr noch James Dolan – wie
beispielsweise Kevin Durant und Kyrie Irving, die viel lieber beim
Stadtrivalen in Brooklyn unterschrieben. So wären wohl auch die Knicks
gut beraten, mal einen ehrlichen Rebuild einzuleiten. Doch die Zeit
dafür scheint sich Dolan nicht nehmen zu wollen.
Dass
ein Rebuild lange dauern kann, können die Sacramento Kings nur
bestätigen. Letztmalig 2006 Playoffbasketball gespielt, befindet sich
die Franchise in einem Dauer-Rebuild. Auch, weil es ähnlich wie in New
York, zu viele wechselnde Macher, fragwürdige Ansichten und ungünstigen
Entscheidungen gibt.
Auch
die Minnesota Timberwolves, Orlando Magic und Detroit Pistons stecken
seit Jahren im Rebuild, obwohl gerade bei den Wölfen regelmäßig der
nächste Schritt kurz bevor stand. Eine unendliche Geschichte? Das wird
u.a. Thema im zweiten Teil: Rebuild, da war doch was - Part II: Was ging
da schief?
marcel (redaktionell überarbeitet von seb dumitru)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen