Five Hundred or Less: Adam Morrison (493 Wörter)


Adam John Morrison, wie der 2,03m große Forward mit vollem Namen heißt, war Mitte der Zweitausender ein radikaler Gegenentwurf zum prototypischen NBA-Spieler: Er hatte eine schrullige Frisur und einen Schnauzer. Zudem duschte er zu selten, trug immer die gleichen drei Pullover und kaute Kautabak, wie Gerald Wallace und Jared Dudley einst berichteten.

Bevor er 2006 in die Liga kam, war er aber auch ein Star in der NCAA. Der Gonzaga-Bulldog schoss die Liga in seinem letzten College-Jahr kurz und klein: 28.1 Punkte pro Spiel bei einer Trefferquote von 43% vom Perimeter. Als einer der besten seines Jahrgangs wurde er folgerichtig früh gedraftet: An dritter Stelle zogen ihn die Charlotte Bobcats.   

Der damalige GM Michael Jordan war davon überzeugt, dass Adam Morrison eine gute Wahl sei. Und tatsächlich begann dessen NBA-Karriere solide, obwohl er natürlich nicht die Gonzaga-Zahlen abrufen konnte (11.8 Punkte, 2.9 Rebounds, 2.1 Assists pro Spiel). Immer wieder aber ließ er sein Können wie beim Sieg gegen die Pacers im Dezember 2006 aufblitzen, als er 30 Punkte mit Sahnequoten (9-17 FG, 2-2 3FG, 10-11 FT) und dazu 6 Rebounds auflegte. Offensiv hatte the Stache definitiv Potenzial, lernte aber nie, auch nur ansatzweise zu verteidigen. Dennoch reichte es für das All-Rookie-Second-Team.

Im zweiten Jahr machen Jungprofis für gewöhnlich einen großen Sprung. Auch von Morrison erhofften sich die Fans und Verantwortlichen der Bobcats den nächsten Schritt. Allerdings wurden sie schon in der Saisonvorbereitung bitter enttäuscht: Morrison riss sich das Kreuzband und musste die gesamte Spielzeit aussetzen. Erst in der darauffolgenden Saison stand er wieder auf dem Hartholz, konnte sich jedoch nicht mehr nachhaltig empfehlen, sodass ihn die Bobcats für Vladimir Radmanovic nach Los Angeles tradeten. Dort spielte er durchschnittlich nur 7.3 Minuten, konnte aber im Schatten von Bryant, Gasol und Odom zwei Meisterschaften feiern.

Nach dem Vertragsende bei den Lakers ergatterte Morrison keinen NBA-Kaderplatz mehr, sodass er nach Europa ging. Aber auch in Serbien und Russland kam er nie richtig an und versuchte es ein letztes mal in der NBA – ohne Erfolg: Karriereende nach nur fünf Jahren.

Danach wurde der Vater von zwei Töchtern und eines Sohnes Analyst im Radio. Heute blickt er mit gemischten Gefühlen auf seine kurze NBA-Karriere zurück, habe aber sein Frieden mit ihr gemacht, wenngleich die schwere Verletzung immer noch an ihm nage.

Im Jahr 2018 sagte er Brian Bennett von The Atlhetic: “I don’t really have a long-term plan, just be alive, I guess.”

Eine Aussage, die nachvollviehbar erscheint angesichts der Typ1-Diabetes-Erkrankung, die ihn seit seinem 13. Lebensjahr begleitet. So trug er immer eine Insulinpumpe, nur nicht auf dem Feld. Deshalb musste er während der Auswechslungen seine Werte checken – bis zu vier mal pro Spiel. Dass er dennoch NBA-Basketball spielen konnte, machte ihn für viele Menschen mit Diabetes zum Vorbild (Sport Illustrated).

Diese ausschließlich positive Rolle steht im Kontrast zu dem, wie seine sportliche Karriere insgesamt wahrgenommen wird. Hier schwankt die Lesart zwischen Tragik und Versagen, zwischen Draft-Bust und Pechvogel. Wie so oft liegt die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen.

marcel

 

Fakten: Adam Morrison auf basketball-reference.com

Mehr: Life as an NBA Draft Bust (b/r)  

Titelfoto: © James Snook / Special to Bleacher Report I Artikelfoto: © Getty Images


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