JJ Redick - der Medienprofi mit dem feinen Händchen

Die heutige NBA ist geprägt von alleskönnenden Einhörnern, überragenden 3-and-D-Flügelspielern und Stepback-beherrschenden Scoringmaschinen. Doch es gibt auch noch Liebe für die Spezialisten des Sports. Meist sind sie in der zweiten oder dritten Reihe zu finden – aber es gibt sie. Einer davon ist Jonathan Clay Redick, besser bekannt als JJ Redick.

Fünfzehn Jahre von Downtown

Der 1.91m große Shooting-Guard der New Orleans Pelicans hat sich über die Jahre den Ruf eines elitären Distanzschützen erarbeitet. Und tatsächlich gehört er in dieser Kategorie zu den besseren der Liga. So steht bei ihm ein Karrierewert von 41.5% 3FG – den Höchstwert erreichte er in der Saison 15/16: Damals traf er im Clippers-Dress ligaführende 48% seiner Dreier. Demgegenüber steht sein bisheriger Tiefstwert von 36% in dieser Saison. Trotz dessen schob er sich erst gestern Nacht (25.02.21) auf den 14. Platz der All-Time-Liste verwandelter Dreier (Regular Season): Es sind nun 1.931 und die Top10 sind nicht weit.

Aber auch von der Freiwurflinie zählt er zu den Besten – über seine Karriere hinweg sind es 89.2%, in dieser Saison sogar 95%!

An 11. Stelle von den Magic gedraftet kam der ehemalige Duke Blue Devil im Jahr 2006 in die Liga. Nach Stationen in Orlando, Milwaukee, Los Angeles und Philadelphia unterzeichnete er 2019 einen Zweijahresvertrag bei den Pelicans. Im Big Easy sollte Redick, der bis dato immer die Playoffs und einmal die Finals erreichte, den erfahrenen Musterprofi und Edelschützen geben. Neben dem Hartholz scheint er dabei über jeden Zweifel erhaben zu sein. Mit dem Spielgerät in der Hand läuft es bei den Pels allerdings weniger gut. Der Dreier will nicht fallen und auch aus dem Feld trifft er so schlecht, wie seit 08/09 nicht mehr (41.8% FG). Erstmals kommt JJ Redick als gestandener Profi ausschließlich von der Bank. In den 17.9 Minuten bringt er 7.9 Punkte und 1.3 Assists auf’s Tableau. Insgesamt scheint es nicht zu passen und so überrascht es nicht, dass die Gerüchte um einen Trade mit näher rückender Deadline (25.03.21) zunehmen.

Obwohl er die schlechteste Saison seiner Karriere spielt, gibt es zahlreiche Interessenten für ihn. Könnte er es sich aussuchen: Er würde in den Big Apple wechseln (CBSSPORTS-Meldung). Denn dort lebt seine Familie (JJ Redicks Wohnung auf youtube.com). Ein Fakt, der für den Bruder von vier Geschwistern eine große Rolle spielt. So wünschte er sich als Vater und Ehemann Stabilität, ein Zuhause für seine Familie. Doch als NBA-Profi, der getradet oder als FreeAgent verpflichtet werden kann, beschränkt sich der eigene Gestaltungsspielraum. Eine Thematik, die er medial aufgriff und dadurch besondere Aufmerksamkeit erhielt.

Medial präsent - im positiven Sinne

Konkret geht es dabei um den Sommer 2017. Nach dem Aus in den Playoffs zeichnete sich ab, dass die Clippers nicht mehr auf ihn setzen, sodass Redick als FreeAgent die freie Wahl hatte. Eine Situation, die positiv und belastend zugleich sein kann. Diese Zeit ließ Redick von einem Uninterrupted-Team filmisch begleiten. Herausgekommen ist ein spannender Einblick in das Leben eines NBA-Profis, der eine neue Franchise, eine neue Heimat finden muss (JJ Redick I The Process auf youtube.com).

Nicht erst dort zeigt sich, dass JJ Redick ein etwas anderer Profi zu sein scheint: Reflektiert, smart und eloquent kommt der Sohn zweier Hippies daher. In Virginia auf einer Farm aufgewachsen und anfangs zuhause beschult worden, übernahm er das Denken seiner Eltern, wonach alle Menschen die gleichen Rechte haben und gleich behandelt werden sollen. Dass dies in den USA leider nicht der Fall ist, erfuhr Redick erstmals in seiner Highschool-Zeit in Roanoke, als seine afroamerikanischen Mitspieler angefeindet wurden.

Rassismus und Polizeigewalt sind also Themen, die Redick seit seiner Jugend beschäftigen und die 2020 wieder unrühmlich sowie mit voller Wucht in den Fokus rückten. Eindrucksvoll ist sein Interview dazu mit der Journalisin Taylor Rooks, in dem er sein Weiß-Sein reflektiert, die Polizeigewalt verurteilt und über die Erziehung seiner Kinder spricht (JJ Redick und Taylor Rooks auf youtube.com).

Medial ist JJ Redick mittlerweile ebenso ein Profi wie am orangenen Leder. Auch wenn sein Bierdosen-Video aus der NBA-Bubble das nicht wirklich unterstreicht (siehe hier). Klammert man diesen Gag aus, so bietet Redick regelmäßig interessante Einblicke in die Welt der NBA. Vor allem mit seinem eigenen Podcast, den er zusammen mit Tommy Alter produziert. Hier sind überwiegend Spieler der NBA aber auch Akteure aus Politik und Gesellschaft zu Gast und tauschen sich zu allem aus, was sie und die Hörer beschäftigt. Passenderweise heißt der Podcast „The Old Man and the Three“ – treffender hätte der 36-jährige Scharfschütze das Format nicht nennen können, was von einer gewissen Lockerheit und Selbstironie zeugt (Podcast auf dem youtube-Kanal).

Die gingen dem jungen JJ Redick damals noch ab. Unter Michael Krzyzewski aka Choach K war der extrem ehrgeizige Guard äußerst erfolgreich und stellte mehrere Collage-Rekorde auf. Dieser Erfolg gepaart mit seinem selbstbewussten Auftreten konnte Redick für Außenstehende arrogant wirken lassen und ließ seine Beliebtheitswerte in fremden Hallen nicht unbedingt steigen und das Duke-Jersey machte es nicht besser. Ihm wird es am Ende egal gewesen sein, als die Blue Devils sein Trikot mit der #4 im Jahr 2006 unter die Hallendecke zogen.

Diese Ehre wird ihm bei einem NBA-Team verwehrt bleiben. Dennoch hat JJ Redick seine Spuren hinterlassen – auf und neben dem Feld. Und im world-wide-web, wo sich mittlerweile zahlreiche Dokumente guter Medienarbeit finden lassen, die dem NBA-Fan die Liga und dessen Protagonisten näher bringen.       

marcel

Fakten: JJ Redick auf basketball-reference.com 

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